Theorie
Die optimale Umgebungs-Temperatur für Radsportler:innen beträgt ungefähr 18 Grad. Ist es kälter oder wärmer, sinkt die Leistungsfähigkeit. Dies weil der Körper bei Hitze, das sauerstoffreiche Blut zur Kühlung vermehrt in die oberen Hautschichten pumpt. Ist es kalt, pumpt er es in die lebenswichtigen Organe. In beiden Fällen fehlt der Sauerstoff in den Muskeln. Bei einem Unterschied von 10 Grad zur optimalen Temperatur – also zwischen 8 und 28 Grad – sinkt die Leistungsfähigkeit nur leicht. Ist es kälter als 8 Grad, respektive wärmer als 28 Grad, sinkt die Leistungsfähigkeit jedoch signifikant. Zwar reagieren nicht alle Personen gleich stark auf Hitze / Kälte, doch sollte mindestens ein Leistungsabfall von 0.5 % pro Grad einberechnet werden, sobald die Temperatur unter 8 Grad sinkt, respektive über 28 Grad steigt. Sehr wichtig ist hier zu erwähnen, dass nicht die meteorologische Temperatur massgebend ist, sondern die effektive Umgebungstemperatur, also jene an der prallen Sonne, welche auf dem Velocomputer angezeigt wird! Wie gesagt sind die 0.5% das Minimum. Im Durchschnitt ist der Leistungsabfall mit 1% pro Grad, doppelt so gross.
In der Praxis
Wer an einem Berg Intervalle fahren möchte und dabei mit Thermometer und Taschenrechner ausgerüstet, die genauen Watt berechnen möchte, dem sei gesagt, dass viele weitere Einflussfaktoren wie Luftfeuchtigkeit, Wind, Hanglage, Strassenbelag und Betondichte in der Umgebung, die "gefühlte" Temperatur beeinflussen und eine genaue Berechnung verunmöglichen. Besser ist die gefühlte Temperatur auf einer Skala von Null bis fünf zu bewerten.
0 = angenehm | 1 = mässig heiss / kalt | 2 = heiss / kalt | 3 = sehr heiss / kalt | 4 = unangenehm heiss / kalt | 5 = fast unerträglich heiss / kalt
Setze nun hinter die Kennzahl ein % Zeichen und reduziere die Wattzahl um die entsprechende Prozentzahl. Hier ein Rechenbeispiel: Athlet X hat eine FTP von 280 Watt. Er soll 4x 8min Vo2max Intervalle fahren mit 300 Watt unter Normalbedingungen. Er hat den Eindruck, dass es unangenehm heiss ist, jedoch noch nicht unerträglich heiss, also eine 4. Darum fährt er die Intervalle mit einer Wattleistung von 288 Watt, also minus 4%.
Mein Tipp bei Hitze
Suche dir Intervall-Strecken im Wald oder zumindest an Hängen, die der Sonne abgeneigt sind. Benetze deine Unterarme und deine Schläfe, kurz bevor du nach dem Intervall in die Abfahrt gehst. Wenn du mehrere Intervalle machst (z.B. 4 x 8min) reduziere die Wattleistung in den zwei letzten Intervallen nochmals, falls du im 2. Intervall bereits zu kämpfen hattest.
Literatur: Maunder E, Plews DJ, Merien F, Kilding AE. Stability of Heart Rate at Physiological Thresholds Between Temperate and Heat Stress Environments in Endurance-Trained Males. Int J Sports Physiol Perform. 2021 Aug 1;16(8):1204–1207.